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Interview mit Thomas Worseck

Interview mit Thomas Worseck!

Exclusiv: Thomas Worseck ehemailger Geschäftsführer des Deutschen Gehörlosen Bund im Interview.

Mehr Informationen unter:

http://www.deaf-deaf.de/deaflive/stars_und_sternch...

Deaf News Magazin: Herr Worseck Sie sind Gehörlos und verfügen über Akademische Grade. Welche Schulen haben Sie besucht und was haben Sie studiert und wo haben Sie studiert?

Thomas Worseck: Ich bin medizinisch gesehen an Taubheit grenzend schwerhörig und kann Lautsprache noch über das Gehör verstehen. Zum Beispiel kann ich telefonieren. Meine Eltern und meine Frau sind gehörlos. Meine Kinder sind gehörlos und schwerhörig. Ich fühle mich als ein schwerhöriger Gehörloser. Ich lebe in der Gehörlosenwelt und fühle mich wohl.

Ich habe die typische Schwerhörigenschullaufbahn durchlaufen, Schwerhörigenkindergarten, Schwerhörigenschule und Lohmühlengymnasium (alle Hamburg). Studiert habe ich zuerst Pädagogik und Soziologie an der Universtität Hamburg und Kiel.

Dann habe ich auf Wirtschaft und Rechtswissenschaften gewechselt. Studiert habe ich an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP).

Die HWP wurde vor ein paar Jahren von der Universität Hamburg geschluckt. Da habe ich dann meine beiden Abschlüsse "Diplom-Wirtschafts- und Arbeitsjurist (HWP)" und "Diplom-Sozialökonom" gemacht.

Deaf News Magazin: Wie kamen Sie auf der UNI mit Ihren Studium zurecht und wie wurden Hindernisse, wie zb. die Kommunikation überwunden?

Thomas Worseck: Anfangs war es im Studium schwierig. UNI ist ein Massenbetrieb. Da gehst du als Einzelner schnell unter. Wichtig ist da, dass man schnell Studienfreunde findet. Mir hat es sehr geholfen, dass ich an der HWP studiert habe. HWP ist eine sehr kleine Universität mit 2.000 Studierenden. Man kommt leicht in Kontakt mit anderen Studierende, wenn man aktiv sich darum bemüht, und die Professoren sind meist alle sehr nett.

Natürlich gibt es hier auch einige Ausnahmen. Anfangs habe ich ohne Hilfen studiert. Ich hätte das Studium fast geschmissen. Dann habe ich technische Hilfen und Hilfen von Studienkollegen in Anspruch genommen. Ich saß immer in der ersten Reihe und fragte auch nach. Es war manchmal nicht angenehm. Aber dadurch konnte ich auch besser verstehen, was gesprochen wurde.

Dolmetscher konnte ich nicht in Anspruch nehmen, weil ich nebenbei auch gearbeitet habe. Ich hatte da schon zwei Kinder und musste sie versorgen. Dolmetscher bekommt man nur vom Staat bezahlt, wenn man unter einer bestimmten Einkommensgrenze lag. Ich lag schon darüber. Von daher habe ich mein Studium ohne Dolmetscher durchgezogen. Es war nicht immer leicht.

Als Schwerhöriger hast du in Gruppengesprächen die größten Probleme. Du verstehst nur die Hälfte und die andere Hälfte musste ich zusammen reimen. Dolmetscher hätte mir in solchen Situationen besser geholfen. Wegen dieser Kommunikationsprobleme bin ich dann immer (wirklich immer) zu jede Veranstaltung gegangen und habe kaum eine Sitzung verpasst.

Das hat mir dann doch sehr geholfen. Ich konnte immer verfolgen, was gerade an Informationen und Wissen weitergegeben wurde. Zum Schluss war ich der Beste im Jahrgang. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass du von den 250 Studenten der Beste bist und zu sehen, dass Hörende auch nicht immer alles besser können.

Deaf News Magazin: Sie waren bis zum 29.07.2008 Geschäftsführer im Deutschen Gehörlosen Bund in der Geschäftsstelle in Hamburg. Was hat Sie dazu motiviert und welche Ziele hatten Sie gehabt?

Thomas Worseck: Ich war bis Ende Juni 2008 beim Deutschen Gehörlosen Bund angestellt, aber seit Anfang Februar habe ich nicht mehr in der Geschäftsstelle gearbeitet.

Ich bin schon 25 Jahre in der Vereinsarbeit tätig, angefangen habe ich im Gehörlosen-Sportverein. Meine Motivation habe ich von meinen Elternhaus mitbekommen. Ich bin in der Gehörlosenwelt groß geworden. Ich habe gesehen und sehe immer wieder, wie ungerecht gehörlose Menschen in der Gesellschaft behandelt werden.

Auch finde ich die Gehörlosengemeinschaft so toll, dass sie weiter bestehen soll. Durch bessere Hörgerätetechnik sehe ich die Gehörlosengemeinschaft in Gefahr. Meine Ziele sind, dass die Gehörlosengemeinschaft trotz der neuen Technik weiter bestehen bleibt und dass gehörlose Menschen in der heutigen Gesellschaft keine Nachteile haben dürfen, Barrieren verschwinden.

Ich möchte auch, dass die guthörende Gesellschaft sieht, welche schöne Gemeinschaft mit einer tollem Sprachkultur die Gehörlosen haben.

Deaf News Magazin: Warum haben Sie Ihre Position als Geschäftsführer im Deutschen Gehörlosen Bund aufgegeben?

Thomas Worseck: Es gab unterschiedliche Meinungen zu der Art der Geschäftsführung zwischen dem Präsidenten und mir. Eine weitere Zusammenarbeit war da nicht möglich.

Deaf News Magazin: Würden Sie unter anderer Besetzung des Präsidium im DGB wieder als Geschäftsführer zur Verfügung stehen?

Thomas Worseck: Ja.

Deaf News Magazin: Es gibt Spekulationen das Sie von Präsidiumsmitgliedern gemobbt wurden, ist das wahr?

Thomas Worseck: Ich habe mich einvernehmlich mit dem DGB getrennt und werde dazu auch keine Stellung beziehen.

Deaf News Magazin: Die Struktur der einzelnen Gehörlosen Verbände haben sich bisher noch nicht richtig den moderaten Gegebenheiten, der heutigen Zeit angepasst. Wo meinen Sie sind Reformen und Änderungen von Notwendigkeit?

Thomas Worseck: Das Hauptproblem in der Verbandsarbeit ist die Ehrenamtlichkeit. Viele kompetente Gehörlose wollen sich nicht ehrenamtlich für den Verband aufopfern. Es gibt andererseits zu wenige Stellen in der Verbandsarbeit, um diese kompetenten Gehörlosen alle beschäftigen zu können. Es muss einfach mehr Geld in die Verbandsarbeit fliessen. Doch dazu ist die Politik nicht bereit.

Ein zweites Problem ist, dass es immer weniger typische gehörlose Kinder gibt. Die Zahl der gehörlosen Schüler hat sich in den letzten 20 Jahren um 80% reduziert.Wenn man alles so belässt, dann bekommen die Gehörlosenvereine und -Verbände große Probleme. Ich sage immer, dass auch Schwerhörige (dazu gehören für mich auch die CI-Träger) von klein auf und auch in den Schulen bilingual aufwachsen müssen (Gebärdensprache und Lautsprache gleichwertig).

Nur so können sie auch ein "DEAFHOOD" bekommen und Teil der Gehörlosengemeinschaft werden. Schwerhörige brauchen auch die Gehörlosengemeinschaft. Ich schätze, dass jetzt 30% aller Mitglieder in den Gehörlosenvereinen schwerhörig sind. Nur die wenigsten outen sich.

Es muss ein Umdenken geben in der Gehörlosengemeinschaft. Gehörlose müssen fordern, dass Schwerhörige bilingual aufwachsen. Gehörlose müssen fordern, dass Schwerhörige gebärden lernen. Erst wenn die Gehörlosen verstehen, dass schwerhörige Gehörlose die Zukunft der Gehörlosengemeinschaft sind, dann hat die Gehörlosengemeinschaft und die Verbandsarbeit eine Chance.

Deaf News Magazin: Was machen Sie zur Zeit beruflich und welche Ziele und Visionen haben Sie für die Zukunft und im Hamburger Gehörlosenbund?

Thomas Worseck: Ich bin an verschiedenen Projekten im Gehörlosenbereich beteiligt. Ich versuche jetzt darüber, für mich eine neue Stelle zu schaffen. Ich suche also immer noch Arbeit.

Meine Vision für den Gehörlosenverband Hamburg ist, dass wir es in Hamburg schaffen, Gehörlose und schwerhörige Kinder mit Gebärdensprache groß werden zu lassen. Es muss selbstverständlich sein, dass alle Hörbehinderte gebärden können. Es muss selbstverständlich sein, dass sie überall Dolmetscher bekommen, wenn sie ihn brauchen, auch im privaten Bereich (zum Beispiel Autokauf usw.)

Es muss selbstverständlich sein, dass Gehörlose auch an alle Informationen visuell bekommen können. Fernsehsendungen müssen untertitelt werden, Gebärdensprache muss im Fernsehen und überall zu sehen sein. Gehörlose müssen an der Gesellschaft teilhaben können und die Gesellschaft muss die Gehörlosengemeinschaft akzeptieren und fördern.

Deaf News Magazin: Sehr geehrter Herr Thomas Worseck haben Sie vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Das Administratoren Team und die Mitglieder der My-deaf.com wünschen Ihnen weiterhin viel Glück und Erfolg.

Quote:
Originalpost von: "Ditta
Ich finde dieses Interview sehr interessant und man könnte es öfters machen mit den anderen gl Prominenten, oder?

jepp das stimmt das Interview war auch sehr interessant, so bekommt mal Einblicke in die Verbandsarbeit und kann jetzt einiges ein bischen besser nachvollziehen

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